Pensionsvorsorge: Osteuropäische Länder
Im Rahmen der „Free Market Road Show 2023“ des Austrian Economics Center fand vergangene Woche im Wiener Ringturm der Vienna Insurance Group AG eine Expertendiskussion zu den Themen Vorsorge, Pflege und Gesundheitssystem in Österreich statt.
Unter dem Titel „Zukunftsfit – Szenarien für die Optimierung des Zusammenspiels von privaten und staatlichen Versicherungssystemen“ diskutierten Wiener-Städtische-Vorstand Manfred Bartalszky, Christian Eltner, Generalsekretär des VVO, und der Wirtschaftswissenschafter und Wifo-Experte Thomas Url.
Die Frage, ob Österreich im Bereich der Pensionsvorsorge zukunftsfit sei, beantwortete Bartalszky „klar mit nein“. Er wolle das Pensionssystem nicht schlecht reden, aber es stoße angesichts der demografischen Entwicklung an seine Grenzen.
Diese werde zur finanziellen Belastung für den Staat werden, es brauche daher Maßnahmen für die zweite und dritte Säule als Ergänzung. Notwendig seien „Steuerzuckerln“, nur mit diesen ließen sich die Menschen in Österreich motivieren.
Wozu überhaupt privat vorsorgen?
Für Url stellt der Rückgang der erwerbstätigen Bevölkerung eine Herausforderung dar. Es sei wichtig, mehr Menschen in die Erwerbstätigkeiten zu bringen, Url spricht dabei besonders Frauen und Ältere an. Um dies zu schaffen, seien auch Gesundheitsvorsorge-Maßnahmen wichtig.
Ein besonderes Problem sei die Teilzeitarbeit – nicht nur für das öffentliche System, sondern auch für die kapitalgedeckte Vorsorge, weil Menschen mit teilzeitbedingt niedrigerem Einkommen keine Möglichkeit haben, privat vorzusorgen: „Wir müssen aus dem Teilzeittrend herauskommen.“
Angesichts der Tatsache, dass die Brutto-Einkommensersatzquote in Österreich sehr hoch sei, würden sich viele Menschen die Frage stellen, warum sie überhaupt privat vorsorgen sollen. Das kapitalgedeckte System schaffe aber einen Ausgleich, Österreich sei zu einseitig aufgestellt.
Geld für Pensionen fehlt anderswo
Christian Eltner betonte, dass die Versicherungswirtschaft sich immer als Partner des Staates verstehe: „Wir haben nicht den Anspruch, den Staat zu ersetzen.“ Denn grundsätzlich sei die erste Säule solide und gut aufgestellt.
Sie habe aber einen Schönheitsfehler: Sie sei schwierig zu finanzieren, ein großer Teil der heimischen Wertschöpfung wandere ins Pensionssystem, diese Mittel würden anderswo fehlen – beispielsweise im den Bereichen Bildung und Gesundheit. Und es werde nicht besser werden, betont Eltner.
Zwar sei es ganz klar, dass die Pensionen sicher sind, es stelle sich nur die Frage nach der Höhe der Ersatzrate und ob diese in Zukunft den Lebensstandard garantieren kann. Altersarmut sei keine Fiktion mehr, die zweite und dritte Säule könnten hier entlastend beitragen.
Um die private Vorsorge populärer zu machen, müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen, so Eltner. In anderen, auch nicht gerade neoliberalen Ländern funktioniere dies und selbst die Staaten in Osteuropa seien schon weiter als Österreich.
Zukunftsvorsorge wieder attraktiv machen
Zur Frage, wie die zweite und dritte Säule attraktiviert werden können, meinte Bartalszky, es gehe nicht um Produkte, sondern um Lösungen für Konsumenten. Und solche Lösungen würden existieren, man müsse sie nur adaptieren und auf den österreichischen Markt ausrichten.
Was Produkte betrifft, stehe immer noch die Prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge (PZV) zur Verfügung, an der man nur „an ein paar Schrauben drehen“ müsste. Problematisch bei dieser sei es gewesen, dass man sowohl den Kapitalmarkt als auch die Vorsorge habe fördern wollen, so Url.
Alternative Lösungsansätze
Bei der mit 300 Euro jährlich begrenzten betrieblichen Zukunftsvorsorge seien Maßnahmen nötig, der Betrag sei für eine Vorsorge viel zu niedrig, so Bartalszky. Und das paneuropäische Pensionsprodukt (Pepp) sei gescheitert.
Für den Versicherungsverband wäre eine Senkung der Versicherungssteuer auf zwei Prozent bei Vorsorgeprodukten wichtig, sagte Eltner. Und im Bereich der „green finance“ sollte sie überhaupt entfallen: „Die Versicherungswirtschaft braucht Möglichkeiten, in green assets zu investieren.“
Ein „Riesenthema“ sei die Leistbarkeit, betont Bartalszky. Gerade in Gesellschaftsschichten, die weniger Geld haben, müsse man das Langlebigkeitsrisiko in den Griff bekommen. Nötig sei es dafür, langfristig zu planen und mit kleinen Beträgen zu beginnen. Und man müsse mehr mit Kunden reden.
Praktisch keine Nachfrage gebe es mehr bei Pflegeversicherungen, seit der Pflegeregress abgeschafft wurde. Bartalszky gibt dazu zu bedenken, dass eine Pflegeversicherung allein nicht genug ist, es müssten auch ausreichend Pflegeplätze zur Verfügung stehen.